Content mit Nutzwert: Der Leser entscheidet

„Content ist King“ – hast du den Spruch auch schon viel zu oft gehört? Ja? Dann willkommen im Club. 

Mir geht er aus zwei Gründen auf die Nerven: Erstens wird er inflationär und oft falsch verwendet und zweitens ist er schlicht falsch. Okay, das ist vielleicht ein wenig zu hart, genauer formuliert: In dieser einfachen Form ist er falsch. Korrekt müsste die Aussage lauten:

Nutzerrelevanter Content, der für Leser interessant ist, ist King.

Das Problem mit dieser Formulierung ist offensichtlich: Sie klingt kompliziert und latent nach Buzzword-Bingo. Dennoch stimmt sie – und könnten manchem Blogger zahlreiche Stunden unnützer Arbeit und manchen Unternehmen viel Geld sparen. Denn viel zu oft werden Themen für (Corporate) Blogs und soziale Netzwerke primär nach den Interessen des Bloggers und der Unternehmen ausgewählt. Ein Fehler, der nicht nur Reichweite kostet, sondern die gesamte Kommunikation sabotieren und nutzlos machen kann.

Themenauswahl: Der Wechsel in die Leserperspektive

Es klingt vielleicht kontraintuitiv, doch Blogger und Unternehmen tun gut daran, sich bei der Themensuche in die Rolle des (Wunsch) Lesers hineinzuversetzen und Themen aus seiner Perspektive auszuwählen. Nein, das ist keine Aufforderung, auf einmal völlig fachfremde Themen zu bespielen. Wer ein Fitnessblog betreibt sollte natürlich nicht plötzlich übers Stricken bloggen. Und DIY Blogger mutieren nicht über Nacht zu Experten für SEO und Online Marketing. Das versteht sich von selbst.

Das Basisthema, genauer gesagt, den thematischen Rahmen, gibt natürlich der Blogger oder das Unternehmen vor. Doch die konkreten Themen für Blogbeiträge oder Posts in den Social Media kommen von den Lesern und sollten aus ihrer Perspektive gesucht und ausgewählt werden.

Das setzt natürlich voraus, dass Blogger und Unternehmen ihre (Wunsch) Leser gut kennen und den Perspektivwechsel überhaupt vornehmen können. Für manchen Blogger und manches Unternehmen beginnt genau hier das Problem – zumindest scheinbar. In der Praxis ist dieser Perspektivwechsel jedoch gar nicht schwer oder kompliziert. Durch viele Beratungen, Workshops und Diskussionen bin ich mir in einem Punkt sicher:

Du kennst deinen (Wunsch) Leser besser, als du vielleicht glaubst. Und du kannst deren Perspektive einnehmen.

Wie das funktioniert? Hier erlaube ich mir eine Gegenfrage: Welche Erfahrungen hast du denn mit deinen (Wunsch) Lesern schon gemacht? Wie viele Diskussionen haben Sie bereits geführt, wie viele Fragen beantwortet, wie viele Forenbeiträge gelesen, wie oft persönliche Gespräche mit Menschen geführt, die zu Ihrer Zielgruppe gehören?

Wenn deine Antwort darauf „noch nie“ lautet, stellt sich mir die Frage, ob du deine Zielgruppe überhaupt kennst und du dich wirklich für ihre Themen interessierst. Ist das jedoch der Fall, dürftest du meine Fragen oben mit Antworten wie „oft“, „hin und wieder“, „regelmäßig“ oder „ständig“ beantworten. Und dann kennst du auch die Interessen und Bedürfnisse deiner (Wunsch) Leser. Ich schreibe bewusst in der Mehrzahl, denn kein Mensch interessiert sich nur für ein Thema. Natürlich musst du nicht alle Interessen bedienen und abdecken, doch du wirst garantiert mehrere Themen finden, die in deinen thematischen Rahmen passen.

Und das ist wunderbar! Denn dadurch hast du viel mehr Auswahl bei der Gestaltung deines Themen- und Redaktionsplans und kannst aus einem großen Themenpool für Artikel und Beiträge schöpfen. Um Themen aus der Leserperspektive zu suche und auszuwählen, arbeite ich in Workshops und bei meiner eigenen Themensuche mit Varianten der folgenden Fragen:

  • Welche Fragen werden in Kommentaren – egal ob im Blog oder den sozialen Netzwerken – immer wieder gestellt?
  • Welche Themen werden von deinen Lesern/Kunden/Netzwerkpartnern häufig angesprochen?
  • Welche Themen werden aktuell in deinem Netzwerk und deiner Community heiß diskutiert?
  • Welche Themen und Diskussionen ergeben sich in persönlichen Gesprächen auf Events?
  • Welche Themen laufen in Artikeln, Videos und Beiträgen thematisch verwandter Seiten gut?

Die letzte Frage birgt ein gewisses Risiko in sich. Denn viele Blogger und Unternehmen lassen sich von anderen Blogs, Artikeln oder Videos inspirieren – nennen die Quellen jedoch nicht, von einer klaren Verlinkung ganz zu schweigen. Aus meiner Sicht – und da gibt es durchaus auch andere Positionen – ein schwerer Fehler. Den Austausch und Netzwerkarbeit sollten sich nicht auf die Leser beschränken, sondern auch andere Blogger und Experten des eigenen Themengebiets einschließen. Daniela hat dazu schon einen hervorragenden Artikel verfasst.

Themenfindung

Content braucht Nutzwert

Bevor ich auf einen weiteren Aspekt der Themenfindung eingehe, noch ein kurzer Einwurf zum Thema Nutzwert. Es ist sinnvoll und wichtig Themen zu wählen, für die sich deine Leser interessieren. Das alleine ist jedoch noch keine Garantie dafür, dass deine Artikel und Beiträge auch gut ankommen, gerne gelesen und genau so gerne geteilt und empfohlen werden. Dazu braucht es eine weiterer Komponente: Dein Content muss Nutzwert bieten.

Ob das der Fall ist, kannst du mit einer Frage leicht überprüfen. Sie lautet:

Was kann ich als Leser aus dem Artikel mitnehmen?

Du merkst: Auch hier ist es wichtig, die Leserperspektive einzunehmen und den Artikel aus Sicht deiner (Wunsch) Leser zu lesen. Hast du nach der Lektüre aus dieser Perspektive das Gefühl, dass der Artikel nützlich ist, gute und praxisnahe Tipps gibt und auch weiterführende Artikel und Informationen liefert, dann hast du dein Ziel erreicht. Behalte dabei unbedingt die Überschrift des Artikels im Auge. Diese beinhaltet das Nutzwertversprechen des Artikels und weckt bei Lesern Erwartungen – die du durch und im Artikel erfüllen sollten.

Und jetzt zurück zur Themenfindung.

Nutzerrelevanz

Themenfindung ist Arbeit

Der hier beschriebene Ansatz für die Themenfindung stellt zwar sicher, dass du Themen wählst, die deine Leser grundsätzlich interessieren. Der kontinuierliche Zufluss neuer Themen ist jedoch nur dann gegeben, wenn du dich fortlaufend um den Austausch mit deinen Lesern und Netzwerkpartnern bemühst, im Gespräch bleibst und dich in die Community einbringst.

Zuhören alleine füllt jedoch noch keinen Themenpool oder -plan. Dazu gehört noch ein weiterer, wichtiger Schritt: Die Dokumentation der Themen und Ideen. Blogger und Unternehmen sollten sich daher von Anfang einen Prozess, eine Methode oder einen Workflow – wie du es nennst ist egal – aufbauen, mit dem sie Themenideen und Inspiration problemlos und jederzeit festhalten können.

Wichtig: Die so gesammelten Ideen müssen erstens dem gesamten Team, falls es eines gibt, zugänglich sein und zweitens regelmäßig durchgeschaut und in konkrete Artikelthemen und Überschriften überführt werden.

Ergänzend zum kontinuierlichen Austausch mit Lesern und Netzwerkpartnern sollten Blogger auch zahlreiche Quellen zu ihren Themen lesen und sich auf dem Laufenden halten. Das klingt nach Arbeit – weil es genau das ist (darüber habe ich auf Medium.com schon einmal geschrieben). Themenfindung und Inspiration fallen nicht von Himmel, sondern müssen – sollen Sie dauerhaft durchgehalten werden – erarbeitet werden. Das mag nicht romantisch oder angenehm klingen – manchmal kann das auch ziemlich nerven – doch die Recherche und Wissenssammlung ist ein wichtiger und grundlegender Teil ernsthaften Bloggens und strukturierter Kommunikation.

Abschließend interessiert mich noch eines: Wie suchst und findest du deine Themen? Und nimmst du dabei die Leserperspektive ein?

Ich freue mich auf deine Antworten und regen Erfahrungsaustausch.

P.S.: Als ergänzende Lektüre empfehle ich einen Artikel der geschätzten Kollegin Annette Schwindt, die mich mit dem Begriff der Nutzerrelevanz nicht nur zu diesem Artikel inspiriert hat. Sie finden in hier: Knackpunkt: Nutzerrelevanz!

Bildnachweis: Ivelin Radkov by 123rf.com, Christian Müller by sozial-pr.net


 

 

Christian MüllerChristian Müller arbeitet als Kommunikationsberater mit KMU und sozialen Einrichtungen, er ist unter sozial-prim Web unterwegs. Er entwickelt Kommunikationsstrategien, berät und unterstützt beim Aufbau von Blogs, hält Workshops und Vorträge rund um Kommunikationsstrategie und Personal Branding.

Ergänzend ist er als Trainer und Coach im Mobile Video Bereich – der Videoproduktion mit Smartphones und Tablets – aktiv. Hier unterstützt er Social Media Teams, Freelancer, KMU und Journalisten bei der Konzeption und Produktion ihrer Videos und entwickelt Video-Formate.

 

Kommentare
(10)

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  6. Alexander Konrad

    Hallo Christina,
    vielen Dank für deinen super Artikel. Ich werde ihn in unseren PR-Wochenrückblick aufnehmen.

    Beste Grüße,
    Alexander Konrad

    antworten
    1. Daniela

      Hallo Alexander,
      kleine Korrektur: Christian wäre richtig 🙂
      Ansonsten vielen Dank für dein Lob!

      Viele Grüße
      Daniela

      antworten
  7. Jutta Beyer

    Hallo Daniela und Christian,

    definitiv JA, zu oft gehört. Und Queens sind auch schon einige im Netz unterwegs 😉
    Ich finde diesen Perspektivenwechsel auch ganz wichtig – in bezug auf Content / Themenfindung und auch allgemein.
    Ich notiere und sammle ständig neue Themen/Ideen, die dann später genauer betrachtet werden. Bisher sind meine Blogartikel oft aus konkreten Fragestellungen entstanden (und waren so mindestens einer Person nützlich ;-)). Fast schon zu oft, da das im Moment auf How-To Artikel hinausläuft, und keine Zeit mehr für die eigentlich geplanten und mir auch wichtigen Artikel/Themen bleibt.
    Da arbeite ich gerade daran, eine Mischung zu finden und nicht ganz so oft vom Plan abzuweichen 🙂

    Liebe Grüße
    Jutta

    antworten
    1. Christian Mueller

      Hallo Jutta,

      danke dir für deinen Kommentar. Mein Tipp – und meine momentane Strategie – wäre hier, die Artikelfrequenz zu reduzieren und dafür mehr Arbeit und Informationen in einen zu investieren. Dadurch lassen sich manchmal mehrere Themen auf einmal abdecken. Die andere Option, die ich ebenfalls selbst nutze: Themen auf verschiedenen Medien aufteilen. Manche Themen behandele ich beispielsweise nur via Video, andere in Text-Artikeln und wieder andere im Podcast oder in mehreren Medien.

      Vielleicht helfen Dir diese Anregungen ja.

      Gruß,
      Christian

      antworten
      1. Jutta Beyer

        Hallo Christian,

        ja, darauf wird es hinauslaufen. Die How-To-Artikel gehen schneller und sind im Moment sehr praktisch um eine gewisse Basis zur Beantwortung von Einsteiger-Fragen zu schaffen, aber nicht das womit ich mich ausschließlich beschäftigen will.

        Vielen Dank für deine Anregungen 🙂

        Grüße Jutta

        antworten

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