Social CEO: Worauf kommt es an und was braucht es?

Anita Freitag-Meyer, Richard Branson, Joe Käser und Tina Müller (Douglas) sind nicht nur Namen von Geschäftsführern und Geschäftsführerinnen in Unternehmen und internationalen Konzernen, sondern auch vier CEOs, die in den sozialen Netzwerken aktiv sind.

In den Beispielen zu dem Thema Social CEO werden sie gerne als Best Practice aufgeführt. Warum? Weil sie selten sind. CEOs in sozialen Netzwerken sind keine Normalität, sondern eine Ausnahme. Als ich 2017 für ein Projekt in einem Konzern tätig war, äußerte die Kommunikationsabteilung oft den Wunsch, der damalige CEO solle in den sozialen Netzwerken aktiv werden. Ich selbst durfte ihn kurz kennenlernen und selten ist mir eine Führungsperson so freundlich und menschlich in Erinnerung geblieben. Von der gesamten Belegschaft wurde er sehr geschätzt und als er zurücktrat, hat das viele sehr getroffen.

Seine Stimme hätte ich gerne in Social Media gehört. Allerdings fehlte ihm dafür die Zeit, denn er hatte den Anspruch, sich nicht durch ein Team unterstützen zu lassen. Entweder macht man etwas richtig oder eben gar nicht, so seine Aussage.

Die Haltung finde ich sehr konsequent. Ich kann ihn gut verstehen und gleichzeitig denke ich mir, dass auch ein Joe Käser nicht ganz ohne Hilfe auskommt.

Das Thema Social CEO ist in vielen Unternehmen ein echter Knackpunkt. Vorstände erlangen dort Sichtbarkeit und ihre Botschaft wird gehört. Doch worauf kommt es konkret an, um als CEO in sozialen Netzwerken erfolgreich zu sein?

Ich habe mit Alexa Brandt gesprochen. Sie ist Head of Content & PR bei result gmbh und gehört zu den Experten, wenn es um das Thema Social CEO geht.

Alexa Brandt von result gibt Tipps zu Social CEO
Alexa Brandt

Hallo Alexa,

CEOs in den sozialen Netzwerken sind in Deutschland immer noch eine Seltenheit. Die Amerikaner sind da schon weiter. Nach einer Recherche von Suchfeld hatten 2019 von circa 31 Geschäftsführern in Deutschland 17 keinen einsehbaren Social-Media-Account. Bei den Amerikanern sind von 30 Geschäftsführern immerhin 21 im Netz aktiv.

Warum tun sich deutsche Führungskräfte damit so schwer?

Grundsätzlich finde ich den konkreten Vergleich zwischen USA und Deutschland aufgrund soziokultureller wie auch sprachlicher Unterschiede nicht zielführend. Tatsache ist, dass wir gerade aufholen. Laut einer Statistik aus dem Herbst 2019 rangieren wir international inzwischen auf dem 12. Platz. Luft nach oben gibt’s natürlich immer, die steigende Zahl zeigt aber auch, dass das Thema Fahrt aufgenommen hat. Tatsächlich glaube ich, dass viele CEOs einfach mal einen Impuls brauchen, damit sie sich vorstellen können, wie so etwas in der Praxis ausschauen kann.

Aktuell unterstützt du den deutschen CEO aus einem europaweit agierenden Konzern. Gemeinsam habt ihr die Strategie erarbeitet. Wie seid ihr vorgegangen und welche Hürden gab es dabei?

Tatsächlich gab es für mein Empfinden keine echten Hürden. Das liegt zum einen daran, dass die Grundeinstellung des CEO stimmte. Soll heißen: Er hatte sich bereits dazu entschieden, das Ganze anzugehen, wusste aber noch nicht, wie genau und mit wem. Wir haben uns dann erst einmal getroffen und für ihn die Möglichkeiten visualisiert. Zudem haben wir gezeigt, welche Vorteile sich für ihn und das Unternehmen daraus ergeben können, wenn er als Vertreter seiner Organisation nach außen Gesicht zeigt. Damit bekam er eine genaue Vorstellung, wer ihn unterstützen würde und wie wir dabei vorgehen würden.

Im Anschluss haben wir gemeinsam mit ihm und der Leiterin der Marketing- und Unternehmenskommunikation eine Strategie erarbeitet, die auch vom Zeitrahmen realistisch erschien. Da wurden als erstes Ziele definiert, eine klare Positionierung herausgearbeitet, die die übergeordnete Kommunikations- und Unternehmensstrategie berücksichtigt, und auch das grundsätzliche Themensetting festgelegt.

Im zweiten Schritt ging es darum, die Rahmenbedingungen zur Umsetzung zu bestimmen. Wir beantworteten etwa Fragestellungen zu Aspekten wie: Einbindung der Corporate Function, Plattform-Setup, Tonalität, Veröffentlichungsfrequenz, Kommunikations- und Planungstools und vieles mehr.

Nachdem Strategie und Umsetzung feststanden, wurden die Prozesse beschlossen und in einem Konzeptpapier zusammengefasst, die sich daraus ableiten. Kurz danach ging es auch schon los. 

Was sind die wichtigsten Kriterien, die eine Agentur oder das interne Team beachten sollten, wenn sie einen Geschäftsführer in den sozialen Netzwerken platzieren möchte?

Wichtig finde ich, dass zwischen beiden Konsens darüber besteht, dass der CEO die Kommunikation nicht einfach „machen lässt“, sondern aktiv mitgestaltet und wir im täglichen Austausch bleiben. Darüber hinaus benötige ich natürlich Interna zum Unternehmen. Dafür braucht es tiefes Vertrauen. Außerdem muss ich von Agenturseite aus dazu bereit sein, auch mal ad hoc zu reagieren. Die Coronakrise war so ein Moment. Da mussten ursprüngliche Konzepte möglichst zeitnah abgeglichen und angepasst werden. Gemeinsam konnten wir für diese Herausforderung einen sehr guten Weg finden.

Welche Voraussetzungen sollte der CEO selbst mitbringen, um sich im Netz zu positionieren?

Als leidenschaftliche Tennisspielerin fällt mir zu dieser Frage spontan ein Bild ein: ? Es gibt Sportarten, da spielt beziehungsweise kämpft man ganz für sich allein – etwa im Einzel. Rudern dagegen geht nur gemeinsam – und einer führt ganz vorne im Boot die Mannschaft an. Ich glaube, genau dieses Bewusstsein, dass gute CEOs auch im analogen Leben haben, müssen sie einfach ins Digitale übertragen. Grundsätzlich gegenüber neuen Möglichkeiten aufgeschlossen zu sein, von Vernetzung über digitale Kommunikation, ist ebenfalls hilfreich. Ich denke, das reicht schon aus.

Tatsächlich wundere ich mich, warum viele so zögerlich sind. In aller Regel sind Menschen in dieser Position ohnehin Netzwerker. Das aber geschieht in zunehmendem Maße digital. Ich denke, viele haben Berührungsängste, wenn es um die tatsächliche Umsetzung geht – also das Handling auf den Plattformen selbst. Aber dafür gibt es dann ja Menschen wie mich, die sie dabei gerne unterstützen. 

Welche Dos und Don’ts gibt es in der Zusammenarbeit zwischen Agentur beziehungsweise Berater*in und dem CEO?

Die Dos hat man im besten Fall wie oben beschrieben gemeinsam festgelegt. Alles Weitere ergibt sich aus einem kontinuierlichen Zusammenspiel und Austausch zwischen Agentur und CEO.

Aus der Agenturperspektive heraus finde ich es wichtig, kontinuierlich nachzuhalten, ob die gesetzten Ziele erreicht werden. Und Vorschläge zu machen, wenn man Verbesserungsmöglichkeiten sieht, über die man im Vorfeld nicht gesprochen hatte. Es ist immer ein Prozess.

Ein absolutes No-Go ist es, schnell und unüberlegt eigenmächtig zu handeln. Das geht gar nicht! Da steht die Reputation einer Person auf dem Spiel. Dessen muss man sich immer bewusst sein.

Zählen Social CEOs zu den Zukunftstrends? Wie wird sich dieses Thema entwickeln?

Ich bin überzeugt, dass in Unternehmen zunehmend die Erkenntnis reift, dass hinter jeder Organisation Menschen stehen. Die Many-to-many-Kommunikation in sozialen Netzwerken mag sich von einer Plattform in die nächste angesagte verlagern, und jede Plattform bedient unterschiedliche Zielgruppen oder Kerninteressen. Im Prinzip sind Social Media aber gekommen, um zu bleiben. Wie wichtig Corporate Influencer als „menschliches Moment“ für Marken und Unternehmen inzwischen sind, machen die Beispiele Otto Group, Microsoft oder auch Telekom seit Langem vor. Da ist es doch nur konsequent, wenn die „Leaders oft he Group“ ebenfalls Gesicht zeigen.

Liebe Alexa,

vielen Dank für das Gespräch.

Social CEOS – Es gibt sie und sie werden gebraucht

Das Gespräch mit Alexa macht deutlich, wie wichtig die Stimme von Führungskräften in den sozialen Netzwerken ist. Sie werden gehört und können entscheidend dazu beitragen bestimmte Unternehmensziele zu erreichen. Der Bereich Employer Branding wäre ein Beispiels dafür, denn gerade die Suche und das Finden von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ist ein stetiges Thema. Dazu habe ich den Artikel „Social CEO: Employer Branding ist Chefsache“ auf Basic thinking veröffentlicht, der das Thema näher beleuchtet. Doch auch in Krisen braucht es ein Gesicht, dass zusammen mit seiner Kommunikationsabteilung in der Öffentlichkeit Stellung bezieht. Käser hat das sehr deutlich gemacht.

Ebenso Anita Freitag-Meyer, die in der Krise sehr offen über ihr Blog und sozialen Netzwerke an die Kunden kommuniziert hat. Die Inhaberin der Hans-Freitag Keks- und Waffelbäckerei sprach mit mir in meinem Podcast über die damalige Situation. Sie stellte in dem Gespräch deutlich klar, dass es für sie keine andere Option gab als persönlich mit Kunden und Partnern zu sprechen und für ihr Unternehmen nach außen zu treten.

Meines Erachtens gehört zur Führung eines Unternehmens auch die persönliche Sichtbarkeit auf den Kanälen, in denen sich Mitarbeiter, Partner und andere Stakeholder bewegen. Und ich spreche absichtlich von persönlicher Sichtbarkeit, da ich einen deutlichen Unterschied zu Privatperson ziehe. Persönlich zu sein bedeutet nicht, privates zu teilen. Vielleicht liegt hier auch die Sorge vieler CEOs. Die Angst, sich angreifbar zu machen.

Wie ist deine Meinung dazu? Braucht es mehr CEOs in den sozialen Netzwerken oder sollten sie sich auf ihre „Kerngeschäfte“ konzentrieren?

Weitere Artikel zu dem Thema: 

Rouven Kasten – Wenn der CEO twitter und den Job wechselt

Maike Petersen – Vision: CEO der Zukunft ist ein echter Content-Profi

 

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